Geplatzte GAV-Jubiläumsfeier: Das war der diesjährige Angestelltentag
21.08.2025Katerstimmung statt Feierlaune am Angestelltentag 2025
Eigentlich war alles angerichtet: Der GAV, der 2005 in Kraft trat, feiert dieses Jahr sein 20-jähriges Bestehen. Doch der Angestelltentag, ursprünglich als Jubiläumsfeier geplant, verwandelte sich durch die einseitige Kündigung des GAV durch den Regierungsrat per Ende 2025 in eine Veranstaltung, die bis zuletzt mehr Fragen aufwarf als Antworten lieferte. Auf die wichtigste aller Fragen, wie es nun konkret weitergehen soll, konnte auch Finanzdirektor Peter Hodel keine schlüssige Antwort geben.
Zum zweiten Mal in Folge stand Peter Hodel, FDP-Finanzdirektor und oberster Personalchef des Kantons, im vollen Konzertsaal – notabene alles Staatsangestellte – am Angestelltentag unter Druck. Nachdem er im letzten Jahr die Sparmassnahmen, die zu einem grossen Teil zulasten der Staatsangestellten gingen, zu rechtfertigen versuchte, ging es diesmal ans Eingemachte: die Kündigung des GAV. Warum hat der Regierungsrat diesen Schritt gewählt? Und wie soll es nun weitergehen?
Ungewisse Zukunft
Zwei Dinge stellte Finanzdirektor Hodel klar: Erstens sei die durch die Kündigung eingeleitete Reform kein verkappter Sparplan; die Regierung stehe weiterhin für moderne und gute Arbeitsbedingungen. Zweitens werde es weder eine Zwischenlösung noch ein Vakuum geben – die Bestimmungen des GAV gelten so lange, bis ein neues Personalgesetz vorliegt und in Kraft tritt. Ob dies, wie von der Regierung vorgesehen, bis zum Ende der Legislatur 2029 geschieht, ist jedoch zumindest fraglich. Der Ball liegt nun beim Kantonsrat, genauer bei einer 15-köpfigen Spezialkommission. Alles sei möglich: ein Personalgesetz für alle Bereiche oder ein neuer GAV. Die Regierung favorisiert einen gesonderten GAV für die Spitäler und ein Personalgesetz für die übrigen Bereiche.

Kritik am Vorgehen
Ein vertragsloser Zustand müsse um jeden Preis verhindert werden, betonte auch Ständerat Pirmin Bischof, Sekretär des Staatspersonalverbands. Das Vorgehen rund um die Kündigung bezeichnete er gelinde gesagt als «äusserst merkwürdig». Damit meint er nicht nur, dass die fünf Personalverbände nicht in den Prozess einbezogen und vor vollendete Tatsachen gestellt wurden, sondern auch, dass die Kündigung ins Leere hinaus erfolgte. Normalerweise legt die Regierung eine Botschaft oder einen Entwurf vor, wie es weitergehen soll – darauf habe man diesmal verzichtet und damit die Staatsangestellten massiv verunsichert und als Arbeitgeber an Glaubwürdigkeit eingebüsst. Bischof fordert Beständigkeit, keine Verschlechterungen der Anstellungsbedingungen sowie eine vollumfängliche Mitbestimmung der Personalverbände – Entscheidungen dürften nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg getroffen werden.

Der GAV – ein würdiger Jubilar
Wer Corinne Saners Rückblick auf die Anfänge und die stetige Weiterentwicklung des GAV hört, fragt sich: Was ist der GAV, wenn nicht fortschrittlich und innovativ? Corinne Saner, Vizepräsidentin des Staatspersonalverbands, kennt den GAV seit der Stunde null und war bereits bei den Verhandlungen ab 2001 dabei. Die Vorteile, die der GAV gebracht hat, liegen auf der Hand:
Der GAV garantiert die in der Verfassung vorgeschriebene Gleichbehandlung aller Personalangestellten, regelt das Anstellungsverhältnis von rund 12’000 Mitarbeitenden und steht für zwanzig Jahre gelebte Sozialpartnerschaft zwischen Regierungsrat und Personalverbänden. Der GAV zeichnet sich auch dadurch aus, dass er das auf über 100 Verordnungen verstreute Personalrecht in einem einzigen Erlass zusammenfasste und vereinheitlichte. Über 70 Änderungen wurden in den letzten 20 Jahren gemeinsam von Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite beschlossen – ein Prozess, der in einem normalen Gesetzgebungsverfahren kaum möglich gewesen wäre.

Das Wunder von Solothurn
Bevor der kulturelle Teil mit dem musikalisch-furiosen Duo Luna-Tic für die dringend benötigte Auflockerung sorgte und die angeregten Diskussionen beim Apéro weitergingen, überreichte Eric Vultier, Geschäftsführer des vsao Solothurn, im Namen der Solothurner Staatsangestellten neben einer Flasche Wein und der Erstausgabe des GAV ein weiteres symbolträchtiges Geschenk an die Regierung: einen Kaktus – als Erinnerung daran, dass das Kündigungsvorgehen nach 20 Jahren guter Zusammenarbeit nicht die feine Art war, mit Sozialpartnern und Angestellten umzugehen.
Eines steht fest: Die Personalverbände werden sich mit aller Kraft für ein zweites «miracle de Soleure», wie die französischsprachige Presse vor zwanzig Jahren die Entstehung des GAV betitelte, einsetzen.

Beitrag von Regula Portillo